Warum ich male?
Diese Frage stelle ich mir nicht oft, aber regelmässig. Die Antwort war bisher immer ziemlich einfach (oder ich habe sie mir einfach gemacht); es scheint, als würde ich nach etwas suchen, was ich zwar nicht benennen kann, das aber doch einen solchen Reiz auf mich ausübt, dass ich bereit bin mein ganzes Leben für die Suche herzugeben.Das erste mal in meinem Leben finde ich diese Antwort recht unbefriedigend und zu kurz gegriffen. Wenn ich mir die Bilder, die ich im Laufe meines Lebens gemalt habe anschaue, dann muss ich feststellen, dass ich schon längst gefunden habe, wonach ich gesucht habe.
Es scheint in mir einen Ort zu geben, in dem sich alles Lebendige sozusagen in konzentrierter Form versammelt. Das ist der Ort, den ich aufsuche, wenn ich im Atelier die Welt, die wir Wirklichkeit nennen, temporär verlasse. Dort finde ich all die Bilder, die nur danach streben, an die Oberfläche zu drängen, gemalt zu werden, um dann ebenfalls Teil der Wirklichkeit zu werden.
Diese Bilder sind voller Hoffnung, voller Vertrauen; man könnte annehmen, dass sie aus meinem ganz persönlichen Paradies entstammen und vielleicht ist es auch so.
Ich bin der festen Überzeugung, dass jeder Mensch einen solchen Ort in sich trägt, einen Ort ohne Schatten, einen Ort an dem man barfuss gehen kann, ohne sich jemals zu verletzen. Dort ist es wohlig warm und hell und still, die unendliche Weite ist nicht beängstigend, sondern befreiend und voller Leichtigkeit. Das Einfache. Das Schöne und das Gute, die Liebe und die Geborgenheit leben dort. Und die Kunst. Natürlich ist das nur ein Traum, eine wohltuende Illusion. Und dennoch. Oder vielleicht sogar genau deshalb zieht es mich dort immer wieder hin.
Und die Bilder, die ich dort finde, nehme ich alle mit – so viele ich nur malen kann. Denn sie sind Fenster zu einer Welt, die vielleicht schon viele längst vergessen haben, obwohl sie zu uns gehört und obwohl wir sie dringend brauchen.
Deshalb male ich. Und deshalb male ich immer besessener. Ich muss die Zeit, die mir noch bleibt nutzen, um so viele Lichtblicke zu bergen und an die Oberfläche zu bringen, wie ich nur kann.
Und die Bilder müssen zu den Menschen. Sie müssen in ihre Leben eintreten dürfen, um dort täglich ihre Geschichten zu erzählen, die alle mit den Worten enden: Alles ist gut!
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