Künstler sind – egal in welchem Bereich sie tätig sind – eigentlich Seiltänzer.
Künstler sind Seiltänzer
Auch ich musste erst mühsam lernen die Balance zu finden und zu halten zwischen (künstlerischer) Freiheit und (materieller) Sicherheit; zwischen Authentizität und Anpassung.
Mein gesamtes Leben verläuft zwischen Extremen und es ist manchmal nicht einfach im Gleichgewicht zu bleiben, aber machbar. Allerdings muss man innerlich äußerst robust, sehr diszipliniert und konsequent sein, um sich auf dem Seil zu halten. Und man sollte sich nicht darauf verlassen, dass irgendjemand oder irgendetwas irgendwann kommt und wie durch Zauberei über Nacht zum großen Erfolg verhilft. So etwas gibt es, ganz sicher sogar, aber darauf zu warten ist ebenso unrealistisch, wie die Hoffnung eines fernen Tages doch noch den Jackpot zu knacken.
Leider sind schon viele Künstler auf der einen oder anderen Seite abgestürzt. Die einen, weil sie die große Freiheit nicht aushalten konnten, die anderen weil sie ihre Talente nie entfalten konnten. Ihnen schien das Leben eines Künstlers zu ungewiss, zu chaotisch, sie sind frühzeitig den Verlockungen einer Sicherheit erlegen, die sich ohnehin irgendwann als große Illusion entpuppt hat . Ich persönlich habe gelernt, dass ich zwar immer wieder zu einer oder anderen Seite abdriften kann, es kann sogar ziemlich gefährlich werden, aber kurz bevor ich den Halt endgültig verliere, finde ich dann doch mein Gleichgewicht und kehre zur Mitte zurück, um mich dort für kurze Zeit zu erholen, bevor ich die nächsten riskanten Schritte wage.
Künstler pendeln zwischen Freiheit und Sicherheit
„Werde was Du bist!“ – sagte einst der geniale, großartige, wahnsinnige Nietzsche. Werde was Du bist – klingt eigentlich paradox, denn wie kannst Du etwas werden, was Du schon bist? Es ist aber richtig, denn wir alle haben unsere Anlagen, jeder hat besondere Lebensumstände, wohlmeinende Eltern, die vieles falsch machen, feindselige Eltern, die vieles richtig machen. Dieser Mix ist das Fundament für eine Biographie, die wir, wenn wir erwachsen werden Teil für Teil überprüfen, verwerfen, verbessern und so tatsächlich werden, wie wir sind.
Für heutige und künftige Entscheidungen gilt die Devise: es gibt immer Alternativen. Die Vergangenheit ist jedoch unveränderbar. Es ist nur die Frage, wie wir Vergangenes betrachten, wie wir Erlebtes integrieren. Eine gelungene Biografie hat nicht der, der besonders erfolgreich, oder berühmt geworden ist, sondern der, der es geschafft hat „mehr“ zu werden, als ihm seine Bedingungen eigentlich erlaubt hätten. In jedem von uns steckt ein Wunder, wir müssen es nur suchen und finden, um zu werden was wir sind.
Meine große Lernaufgabe war und ist, die gefährlichen Gegensätze in mir zusammenzuführen, so dass sie sich nicht gegenseitig bekämpfen, sondern ergänzen und befruchten.
Aus der Verbindung von Chaos und Ordnung lebe ich, male ich und werde es wohl tun bis zum letzten Atemzug.
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