Es mag sein, dass wir nicht so frei sind, wie wir es manchmal sein möchten. Aber wir haben trotzdem immer die Wahl, ob wir das Gute, oder lieber das Schlechte sehen wollen.
Lebenslust auf Leinwand
Natürlich habe ich mich schon sehr oft gefragt, nach welchen Kriterien Menschen ihre Bilder auswählen und es gibt auch zahlreiche psychologische Literatur über die Wirkung von Farben und Formen.
Die Frage: „Welchen Sinn hat Kunst?„, ist auch mindestens genau so alt, wie die ersten kleinen „unnützen“ Gegenstände, mit deren Herstellung wir vor etwa 40 000 Jahren begonnen haben. Aber gibt es endgültige Antworten? Kann es sie überhaupt jemals geben?
Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht.
Allerdings gibt es seit einigen Jahren Ideen, die aus der Neurobiologie stammen, die ich zumindest sehr treffend finde und sie sind sogar wissenschaftlich halbwegs überprüfbar.
Also habe ich einfach mal ein kleines Weilchen über sie nachgedacht, weil ich ja bekanntlich gerne nachdenke und mein Kopf beim malen unbedingt beschäftigt werden muss, damit der „Zensor“ sich nicht in alles einmischt.
Was Kunst mit uns macht
Es geht um innere Bilder, um die Emotionen des Künstlers und um deren Übertragung auf den Betrachter, wobei ich mich hier natürlich auf die Wirkung von Originalen beschränken möchte, denn die neurobiologischen Aspekte von Bildern / der visuellen Wahrnehmung sind viel zu komplex, um sie als interessierter Laie auch nur annähernd verstehen zu können.
Außerdem bin ich ja eigentlich Malerin und mein Umgang mit Worten lässt sicherlich einiges zu wünschen übrig, gerade bei solchen Themen stößt meine Sprachfähigkeit an ihre Grenzen.
Hemmend kommt außerdem noch mein tief empfundener Respekt gegenüber den beiden Wissenschaftlern hinzu, aus deren Büchern ich meine doch eher sehr laienhafte Schlüsse ziehe.
Es geht um die Erzeugung von inneren Bildern, die dann wiederum in der Lage sind, starke Emotionen auszulösen. Professor Semir Zeki hat die sehr interessante These aufgestellt, dass wir im Laufe unseres Lebens aus jeder visuellen Wahrnehmung das „Beste“ herausfiltern und aus dieser Essenz eine Art Idealbild erstellen, das natürlich durch jeden weiteren Wahrnehmungsprozess vervollständigt wird.
Aus diesen Idealbildern entstehen dann unsere ästhetischen Vorstellungen sowie Bedürfnisse und nicht zuletzt erklärt dieses Denkmodell unser Streben nach Schönheit, Harmonie und Vollendung.
Um das besser zu verstehen muss man wissen, dass wir pro Sekunde etwa 11 000 000 000 Bits an visuellen Informationen aufnehmen, aber lediglich 40! Bits werden bewusst verarbeitet. Ja, ich habe auch gestaunt, aber das ist nur eines der vielen Rätsel, die sich in dem Mini-Universum unter unserer Schädeldecke befinden.
Da stellt sich natürlich die Frage: was geschieht mit all den anderen Informationen? Nun, die werden alle kategorisiert, bewertet, interpretiert, in unserem unendlichen Datenspeicher abgelegt, um sie bei Bedarf aufrufen zu können. Das Selbe geschieht im Grunde genommen mit allen Informationen, nicht nur mit den visuellen, denn die wichtigste Aufgabe unseres Gehirns ist es, Informationen zu sammeln und zu ordnen, um aus ihnen dann Strategien zu entwickeln, die uns im Kampf ums Dasein eventuell Vorteile verschaffen könnten.
So gesehen ist es nur logisch anzunehmen, dass wir alle voller „Idealbilder“ sind und nach deren Entsprechungen in der Außenwelt suchen. Ich hatte schon sehr oft beim Verkauf meiner Bilder das Gefühl, dass der Kunde nach etwas ganz Bestimmten gesucht hat, das er erst erkannt hat, wenn er es vor sich sah. Die Zielstrebigkeit, mit der so manch einer aus einigen hundert Bildern „das Eine“ auswählt hat, lässt eigentlich keinen anderen Schluss zu.
Das Schöne sehen
Es gibt aber natürlich nicht nur Schönes, Gutes und Wohltuendes, was wir in unserem Leben wahrnehmen, ebenso sehen wir auch viel Grausames, Düsteres und Zerstörerisches. Auch aus diesen Bildern entstehen „Essenzen“, die uns immer wieder an das Ereignis und an die Emotionen erinnern, an die sie geknüpft sind.
Jetzt kommen wir nämlich zum nächsten wichtigen Punkt, eine Erkenntnis, die wir dem wunderbaren Eric Kandel zu verdanken haben, der in seinem Buch „Das Zeitalter der Erkenntnis“ das Unbewusste in der Kunst erforscht und zu erstaunlichen neurobiologischen Erkenntnissen gelangt.
Seine Forschungen haben ergeben, dass beim Betrachten von Kunst im Gehirn des Betrachters ähnliche Reaktionen hervorgerufen werden, wie der Maler sie beim malen empfand.
Ich zähle also zwei und zwei zusammen: einerseits erzeugen wir ständig „innere Bilder“ und andererseits laufen beim betrachten von Kunst zumindest ähnliche Prozesse in unserem Gehirn ab, wie beim malen.
Da stelle ich mir doch gerne die Frage: weshalb sollten wir uns freiwillig verstörenden Bildern und Gefühlen aussetzen? Wozu brauchen wir neben all dem realen Elend, das in der Welt ohnehin schon permanent stattfindet, auch noch Kunst, die uns den emotionalen Boden unter den Füssen wegzieht?
In Museen ja, dort ganz sicher! denn eben gerade aus oben aufgeführten Gründen ist die Bildende Kunst vielleicht sogar weit mehr in der Lage den jeweiligen Zeitgeist emotional erleben zu lassen, als Dokumentationen es können. Aber wir brauchen das „Dunkle“ auf keinen Fall in unserer unmittelbaren Umgebung. Dort brauchen wir Bilder, die uns Hoffnung machen, die das „Gute“ in uns spiegeln, die uns in unserer liebenswürdigen Hilflosigkeit vielleicht sogar dazu verleiten, dass wir lernen über uns selbst zu lachen.
Das Gute fühlen
Das Gute sehen! Das will ich mit meinen Bildern erreichen und nichts anderes! Fröhliche Menschen fangen keine Kriege an, zufriedene Menschen sind nicht gierig nach mehr und noch mehr…
Und wenn wir die Wahl haben in uns das Gesicht eines Kindes zu sehen, oder eine unmenschliche Fratze, dann sollte es klar sein, was sowohl für uns selbst, als auch für die Welt, besser ist.
Und deshalb verstecke ich alle meine Bilder, die ungute Gefühle hervorrufen könnten. Eines Tages werden sie vielleicht an Orten zu sehen sein, die dafür vorgesehen sind, dass man in sich kehrt und die eigenen Schatten überprüft. Vielleicht. Vielleicht werde ich sie aber irgendwann sogar zerstören, denn wozu mehr Dunkles in die Welt bringen, wenn es nicht sein muss.
Solange ich lebe, werde ich für Menschen malen, die auf der Suche nach dem Guten sind und die auch nach unzähligen Rückschlägen niemals aufgeben daran zu glauben, dass es sich immer lohnt zu vertrauen, dass es dem Leben wesentlich mehr entspricht, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken, als ängstlich und voller Missmut.
Ich will, dass man in meine Bilder schaut, ein wenig lächelt und von der unbändigen Lebenslust tankt, die sich manchmal nur entfalten kann, wenn man den unsichtbaren Vorhang beiseite zieht.
Und zum Schluss noch ein Zitat von dem großartigen Karl Valentin: „Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch!“
Ob Regen, oder Sonnenschein, ob Sommer oder Winter – wir haben nur dieses eine Leben und deshalb sollten wir jeden Tag mit einem Lächeln beginnen und beenden. Alles ist gut!
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