Mein großes Thema seit einigen Jahren: das Altern. Wenn ich in den Spiegel schaue, dann sehe ich natürlich nicht mehr die Frau, die ich vor 30 Jahren sah – in meinem Gesicht tummeln sich zahlreiche Falten, bis hin zu tiefen Runzeln und auch die Gravitation nimmt sich was sie braucht.

Kunstvoll altern

Männer lassen sich in solchen Fällen gerne einen Dreitagebart stehen, die unappetitlichen Stummeln im Gesicht scheinen immer noch erträglicher zu sein, als die Lippenfalten und der Triplekinn.

Sicherlich ja, es gibt auch Damenbärte, soweit bin ich wohl noch nicht, bei mir wächst noch keine Behaarung zwischen Oberlippe und Nasenflügel, aber wer weiß, vielleicht bekomme ich eines Tages doch auch noch die Chance auf diesen jedes Alterselend überdeckenden Dreitagebart?

Kunstvoll altern
Nein, mal im ernst. das Altern ist wohl nicht nur mein Thema, es ist insgesamt in unserer Gesellschaft eine große Frage: was mache ich mit den (laut Statistik) zugewonnenen 30 (?) Jahren?

Ich bin jetzt 62 und eigentlich ein evolutionärer Luxusartikel, denn zum Fortbestand der menschlichen Rasse kann ich nicht mehr beitragen. Evolutionär betrachtet bin ich ein unnützer Fresser, der eigentlich nur noch auf der Reservebank geduldet wird.

Aber wir wollen ja nicht Opfer der gleichen Evolution sein, wie Küchenkäfer, Breitmaulfrosch und Co, oder?

Der Mensch denkt eben, er gestaltet seine Umwelt, passt sich dank seiner Intelligenz an neue Bedingungen an und deshalb hat sich unsere Spezies bis dato relativ erfolgreich durchgesetzt.

Nun scheint es jedoch so zu sein, dass der technologische Fortschritt uns irgendwie überholt hat, denn unsere Gehirne urteilen immer noch nach den gleichen Kriterien, wie das Hirn von Herrn und Frau Neandertaler: faltenfrei ist gleich jung und vital (sprich gebärfähig), faltig ist gleich alt, hinfällig (also belastend) und auf den Tod wartend.

Ich denke, an dem Punkt müssen wir ganz schnell nachziehen, denn ab meiner Generation gibt es das erste mal in der menschlichen Geschichte eine vollkommen neue Lebensphase; die Jahre zwischen 60 und 90 (?).

Halbalt oder Mitteljung?

Sicherlich gab es auch schon in früheren Zeiten Menschen, die sehr alt geworden sind, allerdings war das eher die Ausnahme. In Zukunft wird es immer mehr “alte” Menschen geben und es gibt für sie bis dato keine vernünftigen Lebensmodelle, keine tragbaren Begriffe; jung und alt reichen nicht aus, um eine Lebensspanne von ca. 90 Jahren zu beschreiben.

Kunstvoll altern
Vor vier Jahren ist mir etwas unglaublich witziges passiert; Lancome rief bei mir an und fragte, ob ich “Botschafterin für Jugendlichkeit” werden möchte.

Ich war nicht nur verblüfft, ich war völlig verdattert. Es gab dann einige Mails und Telefonate, ich habe der jungen Frau jede Menge ganz aktuelle, völlig unretouchierte Fotos von mir geschickt und dann kam der Hammer: ja, sie suchen gerade nach Frauen, die Jugendlichkeit nicht über die Anzahl der Falten definieren!

Wow – dachte ich! Das ist ja unglaublich, da scheint sich etwas zu bewegen!

Ich habe also zugesagt.

Im Sommer war dann ein Kamerateam für ein Interview bei mir auf dem Berg angekündigt – ich schwöre, ich habe noch nie vorher so viel Lampenfieber gehabt.

In letzter Sekunde wollte ich noch kneifen, weil ich Angst davor hatte, dass es wenn sie meine Falten in echt sehen zu großen Peinlichkeiten kommen könnte.
Pustekuchen – es war ein phantastischer Nachmittag mit den drei “jungen” Männern, sie haben im Handumdrehen eine Stimmung erzeugt, die mich die Kamera völlig vergessen ließ und ich fing einfach zu plappern an; über das Leben, über das Altern und last but not least über die Frage, wie ich “Jugendlichkeit” definiere.

Gierig nach neu

Meine Idee von Jugendlichkeit kam recht spontan: “Mehr vor, als hinter sich zu haben!” und so wurde ich für Génifique die Botschafterin für Neugier.

Der eine oder andere wird jetzt vielleicht denken:” Na, die muss es ja nötig haben, verkauft sie denn kein Bilder mehr?”
Davon mal ganz abgesehen, dass die Lancome Produkte durchweg einfach gut sind, sehe ich in diesem Projekt eine Möglichkeit für ein faltenvolles Altern auf die Barrikaden zu steigen.

Es ist nicht die Haut, die über Jugendlichkeit entscheidet, es ist tatsächlich die innere Haltung. Und Frauen, die sich die Falten wegspritzen oder wegoperieren lassen, die tragen eine ganz wichtige Botschaft in ihrem faltenfreien Gesicht: nämlich Angst! Allerdings ist es keine Furcht vor dem Altern, es ist eher eine große Lebensangst und gegen die hilft auch kein Messer.

Lebensgelüste

Die Lust am Leben ist nicht käuflich; es ist ein Geschenk, das man hat oder nicht hat. Und ja, wenn ich mir abends dieses wundervolle Genifique über mein runzeliges Gesicht verteile, dann schon mit dem Bewusstsein, dass ich vermutlich auch Butter dafür hernehmen könnte. Hat meine Oma in schlechten Zeiten sicherlich mehr als einmal gemacht.

Kunstvoll lebenAber ob Butter, oder Génifique, es ist die Motivation, die die Wirkung ausmacht; das Leben ist schön und ich genieße jeden Augenblick!

Das ritualisierte eincremen ist eine Manifestation der Lebensliebe, der Leidenschaft und natürlich auch der Melancholie, denn das Leben geht nun mal irgendwann unwiderruflich vorbei, aber nicht heute und nicht jetzt!

Ich greife mit beiden Händen nach dem kommenden Moment, egal was es bringt – begrüße es und bleib für immer neugierig- auch ohne Dreitagebart!