Der Begriff „Freiheit“ gehört zu jenen, die wir ständig benutzen und regelmässig überprüfen müssen, denn Freiheit bedeutet nicht zu jeder Zeit, in allen Kulturen und für jedes Individuum das selbe. Innere Freiheit hingegen kann man auch völlig unabhängig von gängigen Definitionen für sich selbst finden und den Rahmen abstecken, innerhalb dessen sich die individuelle Freiheit in höchstmöglicher Form entfalten und betätigen kann.

Die „Hauptfeinde“ der inneren Freiheit blockieren die Phantasie und den Mut auch mal das scheinbar „Unmögliche“ zumindest zu denken, auch dann, wenn die Möglichkeiten zur Realisierung gegen Null gehen.

Der wohlmeinende Bedenkenträger im Kopf

Als Bedenkenträger bezeichne ich die mahnende, oder auch abwertende Stimme im Kopf, die von sich behauptet nur das Beste zu wollen, die sich in alles mögliche einmischt und sich nicht einfach so abschalten lässt. Diese Stimme kennt vermutlich jeder. Ich habe sie auch und habe den Kampf gegen sie vor Jahren schon aufgegeben.

Allerdings höre ich ihr einfach nicht mehr zu. Das ist eine einfache, aber sehr wirksame Methode, denn die Stimme zu bekämpfen ist so ähnlich wie die Aufforderung: „Denken Sie auf keinen Fall an einen weissen Elefanten!“. Also lassen Sie sie einfach reden, gewöhnen Sie sich daran, dass sie da ist und wenn sie ganz und gar unerträglich wird, dann beschäftigen Sie sie mit Rechenaufgaben. Das mache ich sehr häufig während ich male und die unnützen Kommentare, die mein Kopf vor sich hinplappert nicht mehr ertragen kann. Dann wird gerechnet. Gedichte rezitieren geht auch. Egal was, Hauptsache „der Bedenkenträger“ ist abgelenkt und lässt mich in Ruhe arbeiten.

Kreatives Denken darf sogar Naiv sein

Die Phantasiearbeit von Kindern (und von Erfindern, Künstlern, Wissenschaftlern etc.) ist an keine Regeln gebunden, die durch das aktuell „Wirkliche“ vorgegeben werden und ein Übertreten dieser „roten Linie“ nicht erlauben.
Einstein hat sich in einem Gedankenexperiment auf einen Lichtstrahl gesetzt und dafür den Nobelpreis erhalten. Sich auf einem Lichtstrahl durch das Universum zu bewegen ist eine überaus kindlich-naive Vorstellung und dennoch hat sie der Menschheit eine ganze Reihe der wichtigsten Erkenntnisse in der Physik gebracht.

Seien Sie mutig

Erlauben Sie Ihrer Phantasie zu fliegen. Lassen Sie sich durch keinerlei innere oder auch äussere Bedenkenträger aufhalten, denn die Gedanken sind tatsächlich frei und das Neue muss immer erst erträumt werden, bevor man es in die Wirklichkeit heben kann.
Grundsätzlich gilt: jede Idee, die den Naturgesetzen nicht widerspricht, ist möglich. Ob die Realisierung wahrscheinlich ist, oder nicht, das wird erst später, in einem anderen Prozess entschieden.
Gerade weil der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind, ist bei der Realisierung von Ideen die freiwillige Einschränkung absolut notwendig!

Die (freiwillige) Beschränkung

Ein weiterer sehr wesentlicher Aspekt der Kreativität ist die Bereitschaft, sich einerseits auf die „große Freiheit“ der unendlichen Möglichkeiten einzulassen, andererseits jedoch muss man in der Lage sein, sich selbst freiwillig Einschränkungen aufzuerlegen, damit aus Ideen auch Taten werden.
Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Künstler sich vorzugsweise in der unendlichen Weite der Freiheit aufhalten. Wahr ist vielmehr, dass man sich dort eine kleine Nische sucht, die man dann im Laufe eines Lebens möglichst gründlich erforscht.

Freiheit – meine Definition

Ich persönlich definiere Freiheit – auch die künstlerische – in erster Linie als inneren Zustand, der von äusseren Bedingungen möglichst unabhängig sein sollte. Wir Menschen sind zum Glück nicht vollkommen frei und werden das wohl auch niemals werden, denn absolute Grenzenlosigkeit führt in Wahnsinn und/oder Anarchie.
Es ist schon viel erreicht, wenn wir es schaffen, uns im Laufe unseres Lebens von all dem vielen, äusserst lästigem Ballast zu befreien, das wir so mit uns herumschleppen. Als Ballast verstehe ich Vorurteile, falsche Annahmen, hartnäckige Konditionierungen, zu hohe, unrealisierbare Erwartungen und Ansprüche, unüberprüfte Selbst- und Weltbilder und noch einiges mehr.

Was wir hoffen können

Wir können durchaus hoffen, dass sich hinter all den Banalitäten, die uns ständig beschäftigen, eine tiefere Wahrheit steckt und dass wir sie auch auffinden können, wenn wir uns die Zeit dafür nehmen. Leider verschwenden wir alle viel zu viel Zeit und Energie auf Dinge und Ereignisse, die sowohl uns persönlich, als auch die Welt in der wir leben, um keinen Schritt weiterbringen.
Die Ursache für die Angst, die heutzutage von vielen Menschen als zunehmend unerträglich erlebt wird, scheint mir darin zu liegen, dass wir uns den wirklich wichtigen Lebensfragen nicht gerne stellen, denn dann würden wir vielleicht feststellen müssen, dass wir, wie Adorno es sehr treffend bezeichnet hat, „im falschen Leben“ leben.

Und was sagt die Malerei dazu?

Eines meiner liebsten Metaphern ist die leere Leinwand. Sie bietet mir sehr klare Begrenzungen, innerhalb derer ich jedoch die Freiheit habe, die Leere nach Belieben auszufüllen, beziehungsweise zu gestalten. Eine leere Leinwand mag beängstigend sein, aber sie ist in erster Linie eine Einladung und eine Erinnerung daran, dass wir Menschen die Welt in der wir leben, frei gestalten können.