Sobald ich Musik höre, sehe ich Bilder und wenn ich Bilder sehe, dann muss ich sofort malen, oder zumindest zeichnen; das war schon immer so, seit ich denken bzw. einen Zeichenstift halten kann.
Ich war sogar auf dem besten Weg Musikerin bzw. Dirigentin zu werden – 1959 wurde ich in Budapest mit sechs Jahren in die damals einzige Musikschule eingeschult und von da an hat Musik mehr oder weniger mein ganzes Kinderleben erfüllt. So war es halt damals, genauso wie in Sportinternaten die Kinder zu Höchstleistungen getrimmt wurden, gab es in unserer Schule von der 1. bis zur 8. Klasse Musik, Musik und nochmals Musik.
Als ich 1966 nach Berlin kam, habe ich es in vielerlei Hinsicht als die „grosse Befreiung“ erlebt und mir geschworen, nie wieder einen Klavierdeckel hochzuklappen.
Aber so einfach kommt man nicht davon, wenn Kunst in irgendeiner Form von frühster Kindheit an sozusagen in die Seele implantiert wurde; ich wechselte nur das Medium und verbrachte von da an die meiste Zeit mit Malen anstatt Klavier zu spielen.
Zu klassischer Musik habe ich leider seither ein recht gestörtes Verhältnis, es hat viele Jahre gebraucht, bis ich gelernt habe klassische Musik völlig unbelastet und entspannt zu geniessen.
Vor etwa zwei Wochen habe ich ein längst fälliges Projekt begonnen; zu klassischer Musik zu zeichnen, um so die vielfältigen Gefühle, die durch Klänge in mir entstehen unmittelbar auf das Zeichenpapier zu übertragen.
Angefangen habe ich mit Mozart´s grossartigem Requiem, danach habe ich mich dann täglich ( je nach Stimmung und Lichtverhältnisse) sehr intensiv und jeweils einige Stunden lang mit Mahler, Bach, Schumann und Franck beschäftigt.
Dabei habe ich zwei für mich sehr überraschende Beobachtungen gemacht: erstens empfinde ich Farbe als störend, d.h. ein schwarzer Stift ist nicht nur völlig ausreichend, vielmehr verhält es sich sogar ähnlich, wie in der Fotografie; Farbe ist immer zumindest oberflächlich „schön“. Die s/w Fotografie hingegen erzeugt tiefe Emotionen, die man nicht unbedingt als „schön“ im herkömmlichen Sinne erleben muss.
Ausserdem habe ich festgestellt, dass ich sehr gerne in winzigen Details verweile, um dann wieder einen grosszügigen Bogen über das ganze Blatt zu spannen, die Details entfalten sich erst bei genauerem hinsehen, wie sich auch Musik erst vollständig entfaltet, wenn man sehr genau hinhört bzw. „hinfühlt“.
Seit Anfang der 90er Jahre habe ich meine Action Paintings beinahe ausschliesslich zu Techno bzw Trance gemalt, in erster Linie, weil ich mich den oft sehr radikalen Stimmungswechseln in der Klassik nicht aussetzen wollte – Trance verbleibt scheinbar für längere Zeiträume auf dem gleichen emotionalen Level.
Die Stimmung in klassischen Stücken kann sich manchmal sehr heftig und schnell umschlagen – von himmelhochjauchzend zu Tode betrübt. Wer schon Bach gespielt hat, der weiss um die grosse Herausforderung, die scheinbar monoton-mathematische Anordnung der Töne beim Spielen mit dem passenden Gefühl aufzuladen.
Musik sollte man eigentlich immer „richtig“ hören, das gilt aber ganz besonders für klassische Musik. zum Übertönen von akustischem Chaos ist sie zwar auch geeignet, hat dann aber nicht mehr Wirkung und Nutzwert für den Zuhörer, als der Lärm eines Staubsaugers.
Klassische Musik spricht den „ganzen“ Menschen an und der Zuhörer, der bereit ist vollständig in die Fülle der Klänge einzutauchen, wird mit einer immensen Vielfalt an Bildern und Gefühlen belohnt.
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